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Bertholds Tango

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 


 
 
 
 
 
 
 
 
 
 


 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 


 
 
 
 
 


 
 

"Du musst den Arm von dir strecken, als wäre die Bühne tausend Meter breit" querält Theaterregisseur Merker am Montag zu Schauspieleleve Berthold. "Berthold du bist steif wie meine Gichtoma" mault er rum. "Beweg dich, zeig, das dein Körper aus Fleisch und Blut ist! Cäsar muß zeigen, wo es lang geht!"

Berthold ist sauer. Dabei hat er zu Hause vormittags noch die Szene zig fach vor dem Badezimmerspiegel geprobt. 

"Früher haben  Schauspieler sogar Fechten und Reiten gelernt" meckert Merker und schüttelt verständnislos den Kopf. "Wenn du schon keinen Balettunterricht gehabt hast, geh wenigstens mal zu einem Tanzkurs und übe dich in Körpersprache. "Du hast so ein tolles Organ, aber deine Hände fuchteln und torkeln herum, wie Handtücher im Wäschetrockner". 

Merker greift sich in die Hosentasche und zückt virtuos sein Handy. 
Tip, tip,tip,tip,tip,tip,tip,tip,tip, -
"Gabriele, sag mal, euch fehlen noch Herren in euerem neuen Tangokurs?"

Die Gabriele am Handy scheint das zu bestätigen, weil Merker Berthold das Handy in die Hand drückt. "Do..do..do..Donnerstag" stottert bestätigend Berthold. "Donnerstag 20 Uhr im Serano"

Drei Tage später ist Donnerstag und Berthold steht eine halbe Stunde vorher vor dem Tanzetablissement. Er hat sich in seinen ersten vernünftigen Anzug mit Weste geklemmt und wartet mit klemmenden Schuhen auf Gabriele.

In einem langem schwarzen weichen Schlabbermantel rauscht die ein Kopf kleinere Tangolehrerein Gabriele auch schon um die Ecke.

"Ich heiße Gabi, toll, dass du gekommen bist, wie hast du her gefunden?" stellt sich Gabriele vor. In ihrem Kopf schnurren Gedanken, das man ihr nun wieder so ein grünes Jüngchen geschickt hat und eilt vor Berthold durch die Türe. Bertholds Gedanken kreisen in eine entgegengesetzte Richtung. "Die Alte ist ja älter als meine Mutter."

Pünktlich eine halbe Stunde später dudelt aus einer Ecke ein argentinischer Tango von der CD und in dem mattdunklem von wenigen Kugellampen beleuchtetem getäfelten Raum beginnen 3 Paare das Parkett zu zerkratzen. Nach drei vier Sätzen Einleitung über  Achten und einfache Drehungen und Einhalten einer Tanzrichtung, und was überhaupt  argentinischer Tango bedeutet, führt Gabriele Berthold auf die Tanzfläche und zeigt ihm die ersten Schritte Milonga und  Tango Vals. 

Gabriele zeigt die ersten Schritte noch einmal und noch einmal und noch einmal. Ihr rechtes Bein mit ihrem strammen tangotrainiertem Oberschenkel schlängelt sich abgewinkelt aus einem schwarzem geschlitztem Rock effektvoll in Bertholds Hosentaschenhöhe.

Es klappt nicht. Es gelingt nicht. Bertold bekommt keinen vernünftigen Takt und Tritt in seine Füße und stolpert serienweise über Gabis Beine. Er hat Probleme mit dem Gleichgewicht. Er hat Probleme mit der Koordination. Er hat Probleme, eine Frau mit entbößtem Oberschenkel im Arm zu halten. Einer Frau mit weichen runden Hüften und tollen gut proportionierten Beinen. Bertold kennt Repp, Hipp hop und selbsterdachtes hopsen in der Disko mit Mädels in Hosen, Hosen, Hosen und Profilturnlatschen mit markigen Fettsohlen. Berthold hat noch nie richtig mit einer Frau mit knallroten Lippen zusammen mit Körperkontakt getanzt.

Er schwitzt, bekommt einen lippenfarbigen Kopf und schämt sich neidisch vor den anderen, die lässig semiprofessionell durch die kleine Tanzhalle zu den traurigen Tangoklängen schweben und komplizierte Figuren elegant zelebrieren. Zu allem Überfluß bekommt Berthold noch eine Erektion. Und was für eine. Exakt auf 8 Uhr würde man nach der Lage eines großen Zeigers sagen.

Gabriele bekommt zwangsläufig mit, was bei Berthold die Stunde geschlagen hat und führt Berthold erst einmal zum Abkühlen an einen leeren Tisch. Bertholt platzt sich nieder, zückt ein Papiertaschentuch und erinnert sich abtupfend am Merkers Spruch:  "Du bist steif wie meine Gichtoma". "Zum Teufel was mach ich nur hier" denkt er. Diese Art Körpersprache hatte er so fix nicht eingeplant und schaut unsicher zu Gabriele hinüber, die mit einer jungen blondharigen Frau in seinem Alter spricht.

In dem Moment, wie er die junge kurzhaarige Blonde fixiert, geht die Erektion und auch die  Transpiration schlagartig zurück . 

Nach etwa 10 Minuten, rauscht aus den Lautsprechern "Roter Mohn" im Original mit der Stimme der Chilenin  Maria Martha Esther Alduante Del Campo, welche mal als Rosita Serrano bekannt war. 

Gabriele schnurrt wieder die Theorie der Schrittfolge wie eine tibetanische Gebetsmühle Berthold an den Kopf und beginnt mit ihm die Wiederholung der ersten Schritte der ersten Lektion.

Schritt für Schritt, für Schritt.

Mit gleichem Ergebnis: roter Kopf, Transpiration, Konfusion der Füße, feuchte Hände, Herzklopfen und  Erektion. Der feinstoffliche Zwirn und die lockeren Boxershorts von Berthold können das wenig dämpfen.

Berthold und Gabriele haben mehrere Probleme. Zum einen muß er den Abstand halten, um seiner Tanzpädagogin nicht seinen Zeiger spüren zu lassen was seine erotische Uhr für eine Stunde schlägt. Gleichzeitig will er den Abstand aber auch verringern, um seine Beule  in der Hose nicht zu präsentieren. Gabriele will Abstand halten, um zu demonstrieren, welche Schritte wo gesetzt werden. Insofern sind sie eigentlich in ihrem Tun und Handeln fast konform. Bertholds Gleichgewichtssinn und seine Füsse wissen davon sehr wenig und dirigieren Bertholds Stundenzeiger immer präzise auf Gabrieles Venusberg auf  Sechs Uhr. Nochmal und nochmal und nochmal knallt Berthold gegen Gabriele.

Gabriele gibt erst einmal auf und berichtet einer gleichaltrigen Freundin empört verärgert von dem Malheur. "Der hat sowas von einem unverschämten Harten und lernt das nie! Der hat kein Gefühl, der hat keinen Spirit und Fable für Tango. Der ist ja sowas von unbegabt - dabei will der Schauspieler sein!" 

Gabrieles Freundin wirft einen Blick zu Berthold und bekommt große Augen.

"Du, der ist mit meiner Tochter in eine Body Building Gruppe jeden Dienstag und Donnerstag seit einem Jahr am Anhalter Bahnhof. Der hat einen Body wie Adonis oder wie der Bred Dingsbumbs. Alle Mädels sind rein verrückt nach dem Knilch. Doch der duscht und fährt hinterher sofort nach Hause. Den nehm ich - Jürgen ist sowieso bis Ende des Monats in Frankreich. Das Problem, lass mich das lösen - bitte!"

Bei Gabriele kommt in diesem Moment  einen sagenhafter Futterneid auf und resolut lehnt sie den Vorschlag ab.  Sie verflucht ihr Mitteilungsbedürfnis und steuert tapfer zu Bertholds Tisch. Das alles innerhalb einer Minute.

Gabriele setzt sich zu Berthold und zündet sich eine Zigarette an. Sie frißt drei tiefe  Züge und fragt danach unvermittelt  Berthold, was er davon halten würde, jetzt hier und sofort die Tango-Tanzversuche ab zu brechen. Gabriele gurrt, sie kenne eine wahnsinnig innovative neue Tantratangotanzmethode, welche barfuß gelehrt würde. Das könne man hier nicht machen. Sie hätte aber bei sich zu Hause viel Platz dafür. 

Berthold sitzt völlig perplex da und nickt freundlich andächtig. Fast wäre ihm entsprungen "Ja Mamma!"

Eine halbe Stunde später werden in einer Kreuzberger Wohnung Räucherstäbchen und ein kompletter Plastikbeutel  Teelichter angezündet. 

Rosita Serano jauchzt ................................"Roter Mohn"

Der Rest ist sowas von unneu und braucht nicht beschrieben zu werden. Ich war ja auch nicht dabei.
Mir wurde nur berichtet, dass vorschnell nach 5 Minuten die Erektion sich im Zustand des Abklingens befand.

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Nach einem halben Jahr "Tanzkurs" wechselt  Berthold mit der jungen kurzhaarigen Blonden zu einem Stepptanzkurs in Charlottenburg, um seine Körpersprache weiter zu perfektionieren.

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Gabriele meinte nachdem irgendwann wieder eines Montags zu ihrer Tanzpädagogenfreundin " Die jungen Kerle sind ja heutzutage sowas von undankbar" "Früher wollten die Männer nur Sex - heute sind die Ärsche emanzipiert und wollen auch noch Liebe haben!"

"Geschieht dir recht du Miststück" - sagt maulend grinsend die Freundin.
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