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Der Hobby-Spion  mit dem  "Bambino EY"

Ab 1966 wurden die Kofferradios imer kleiner und mutierten lansam aber sicher zu Taschenradios. Mit kleinen 9 Volt Akkus liefen diese plärrenden Dinger so 6 bis 7 Stunden und nur die schwankenden Sender bereiteten Verdruß, da man besonders im Kurzwellenbereich immer nachstellen mußte um den Sender einigermaßen sauber reinzubekommen. Radio Luxenburg auf 49,9 MHz war so der beliebteste Sender im Kurzwellenbereich und auf der Mittelwelle bekam man so die wichtigsten Sender im Umkreis von 100 Km rein.

Ich ergatterte damals in Leipzig in einem sogenannten Messe-Verkaufsladen, in welchem es ab und zu nach der Leipziger Messe Westware gab ein im ein viertel westlichen  Jugoslawien gefertigtes Taschenradio "BAMBINO EY". Im Laden konnte ich wegen dem Gedränge das Radio nicht groß ausprobieren und weil es fast aus dem "Westen" war packte ich, nachdem ich 180 Mark hingeblättert hatte, das gute Stück ohne viel Federlesens  ein. Abends hatte ich dann Zeit und Gelegenheit das Taschenwunder auszuprobieren und bekam fast einen kleinen positiven Schock, als ich feststellte, das dieses Wunderwerk der Technik nicht nur Kurz- und Mittelwelle hatte , sondern auch UKW. 

Glockenklar ohne das bisher gewohnte Rauschen war der Empfang und ich war selig über die tolle Qualität. Der UKW Bereich ging bis ca. 120 MHz wo zwar kein Sender zu finden war, aber im Bereich 88-108 MHz kamen alle verfügbaren Sender aus der Nähe Halle und Leipzig sauber rein. Als ich am gleichen Abend im 120 MHz - Bereich herumkurbelte, um doch noch einen Sender zu finden, hörte ich plötzlich Glas auf Glas scheppern und eine Stimme sagte laut und deutlich " Genosse Wegner, morgen um 10 Uhr liegt Dein Bericht auf den Tisch." Danach hörte man leise Musik und zwischendurch kurze Ansagen vom Sender Halle/Leipzig. Erst dachte ich, es würde ein Hörspiel übertragen, doch als nach kurzer Zeit ein Gespräch zwischen einem Mann und einer Frau geführt wurde, welche sich über eine eine explodierte Benzinspaltanlage in Leuna  unterhielten, die vor einigen Tagen in die Luft flog, wurde mir klar, daß hier jemand mit einer UKW sendenen Wanze abgehört wurde.  

Ich las zu der Zeit einen Buch über den Meisterspion Richard Sorge und war besonders von der Beschreibung der technischen Tricks, welche angewendet wurden beeindruckt. Nach einigen Tagen, als ich das Radio überall mit hinschleppte und dann die "Wanze" einstellte,  merkte ich, daß die Wanze im gleichen Haus in dem ich wohnte installiert sein mußte, denn wenige Hundert Meter von diesem Haus nahm der Empfang gravierend ab. Ich traute mir aber doch nicht den Orhörer in das Ohr zu stecken um herumlaufend den stärksten Empfangspegel einzukreisen. 

An den nun folgenden Gesprächen war nach einiger Zeit zu merken, daß ich  zwei "Genossen" des Ministeriums für Staatsicherheit an der Strippe hatte, welche als Ehepaar in den Leuna-Werken als eine Art verdeckte Ermittler arbeiteten und dort Ihre Kollegen bespitzelten. Die Wanze war mit ziemlicher Sicherheit von einer anderen Stasi -Dienststelle installiert um die beiden "Tschekisten" wie sie sich selber nannten abzuhören. Anfangs war es ja ganz spannend, besonders wenn der Stasi-Mann Abends regelmäßig beim Fernsehen nach den obligatorischen Nachdienst-Fachgesprächen seiner Frau an die Wäsche ging. Ihre Fachgespräche waren öde und langweilig. Hauptsächlich ging  es um getürkte Produktionszahlen, welche sie herausbekommen sollten, was beiden auch wahrscheinlich öfters gelang und an deren Erfolgen sie sich weideten und mit "Lindenblättrigen" wahrscheinlich bei Kerzenschein feierten. 
 

Er diktierte ihr die Berichte in die Schreibmaschine und ab und zu kam ein Vorgesetzter der Stasi-Zentrale, den Sie Harry nannten und der ihnen  über einen in Kürze bereitgestellten Lada viel Gewese machte. Den Lada würden sie garantiert bekommen, wenn seine Abteilung ein wichtiges "Forschungsprojekt" erfolgreich durchzog. Ich bekam dann mit, daß sie einen hellgrünen Lada  an einem Donnerstag in Halle  abholen konnten. So brauchte ich nur gegen Donnerstag-Abend aus dem Fenster zu sehen um nach einen hellgrünen Lada Ausschau zu halten. Mein eigener personengebundener Spionagefilm lief ab wie am Schnürchen, als ich dann auf dem Parkplatz vor dem Haus einen hellgrünen Lada einrauschen sah und meine beiden "Tschekisten" um den Wagen wie eine Relique herumrannten. 
 

Seitdem hatte ich zu meinem Originalton auch das "Originalbild" welches noch interessanter wurde, weil die beiden direkt im Hause gegenüber in der 2. Etage wohnten und ich von meiner Toilette aus in das Wohnzimmer sehen konnte. Ich kaufte mir in einem An- und Verkaufsladen ein starkes Fernglas und konnte nun richtig "spannen". Wenn es irgend ging, setzte ich mich in das dunkle Bad mit einem Stuhl auf die Badewanne, auf welche ich eine Schranktür legte und klemmte mein Fernglas in ein Regal, welches so günstig hing, daß ich es als perfektes Stativ benutzen konnte. 

Dabei klopfte mir oft das Herz bis zum Hals, denn ich mußte ja davon ausgehen, daß über neben oder unter mir die Abteilung mit der offiziellen Technik sitzt und ebenfalls auf die andere Seite späht. Es dauerte auch nicht lange und ich konnte fesstellen, daß die "Stelle" direkt in der Wohnung über mir war. Immer wenn meine beiden im Wohnzimmer das Licht ausmachten und im Schlafzimmer verschwanden, klappte über mir im Treppenhaus nach ca. einer halben Stunde eine Türe und mit schnellen Schritten verließ jemand   das Haus. 
 

Hier wollte jemand nach Hause, der hier nicht zu Hause war. Vorsichtig hinter der Gardine verborgen sah ich, daß ein junger Mann  in einen alten klapprigen Wartburg stieg und mit Karacho das Wohnviertel verließ. Nun hatte ich sie alle besammen. Meine zwei Meisterspione, den offiziellen Abhörspion über mir und ich als Hobby-Oberspion mittendrin, welche nach den ersten Ängsten Mut bekam und nun auch noch herausbekommen wollte, was über mir in der Wohnung getrieben wurde. 

Ich lieh mir in der Bibliothek ein Fachbuch über Fernmeldetechnik aus und  sah nach, wie man ein Telefon anklemmen konnte um mitzuhören. Da die Telefonleitungen alle offen in einem Versorgungsschacht hinter dem Spiegelschrank im Bad hingen, war es ein leichtes eine Klingeldrahtader nach der anderen anzupieken wenn oben das Telefon klingelte. Ich stülpte mir einfach bei der ersten Gelegenheit als es oben klingelte einen alten Kopfhörer über und piekte mit 2 Stecknadeln alle Varianten durch. Nach dem fünften oder sechsten Piek hatte ich mein Amt, welches sich als die Zentrale des Ministeriums für Staatsicherheit in Halle herausstellte, an welchen mein "Abhörspion" Meldung machte, daß die "beiden"  um soundsviel Uhr Ihre Wohnung betreten haben und das die neue "Forschungsprojekt" - Technik 100% funktioniert. 

Die Bänder von Dienstag bis Mittwoch hätte er abgegeben und man solle Ihn neue Bänder besorgen, da sein Vorrat nur noch bis Samstag Abend reicht. Der die Meldung abforderte war Harry, einmal weil er mit Genosse Harry angesprochen wurde und weil ich seine Stimme erkannte.  Na das war ja ein Ding. Aus weiteren Gesprächen hörte ich heraus, daß ich wahrscheinlich die damals gegenwärtige strenggeheime Abhörtechnik im Teststadium als "Forschungsprojekt" life miterlebte. 

Die komplette Wohnung meiner Spione war mit UKW-Minisendern verwanzt und in jedem Raum sendete eine Wanze mit einer anderen Frequenz, von denen ich eine aus irgendwelchem Pfusch heraus in meinem Bambino EY empfangen konnte. Trotzdem, daß ich mir sehr stolz und erhaben vorkam, weil ich mit einem kleinen Radio und zwei Stechnadeln die Stasi überlisten konnte,  verlor ich aber das Interesse an der Sache und einige Jahre später als ich in Dresden eine Beziehung laufen hatte, hatte ich eine interessante spannende und seltsame Begebenheit zu erzählen, wie man sich beim Ministerium für Staatssicherheit  mit Forschungsprojekten einen hellgrünen Lada verdienen kann. 

Damals war mir sehr unklar, welchen Gefahren ich mich mit meiner leichtsinnigen Bastelei und "Spannerei" aussetzte. Ich hatte mehrere Jahre Knast riskiert um meine Neugier zu frönen. Fast zu gleicher Zeit wurden in meinem Heimatort einige private Rundfunkmechaniker zu mehreren  Jahren Knast nach Bautzen verdonnert. Die hatten noch nicht mal gebastelt in dem Sinne wie ich, sondern hatten Teile in ihren Reperaturkisten, mit denen Sie hätten basteln können. Aber das ist schon wieder eine andere Geschichte. 

Zwei Jahre später tauchte dieses Radio in den Militärstaatsanwaltakten des 
Grenzkommandos Mitte in Berlin auf. Ich wurde beim Feindsender hören erwischt und bekam 10 Tage Arrest. Diese Story ist in den Geschichten über meine Armeezeit zu finden

 

. richard hebstreit 
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