rhebs in persona  schmuckstory 1
 
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    Zum Thema Schmuck machen kam ich in meiner Lehrzeit als Dreher, weil mir ein Schlosserkollege in der Frühstückspause vorjammerte, er müßte heiraten und hätte kein Geld für Eheringe. Borgen ging auch nicht....da würden keine Ringe passen. Ich machte ihm dann den Vorschlag, die Ringe aus Rotguß, einer goldfarbenen Kupferlegierung zu drehen, wovon ich einige Abfallstücke in meiner Abfallkiste hatte.

    Die Ringe drehte ich schön breit und voluminös und gab mir einige Mühe mit der Hochglanzpolitur. Bei der Hochzeit ist  niemand aufgefallen, daß die "goldenen" Eheringe nicht echt waren - im Gegenteil, die fetten Ringe wurden von den Hochzeitsgästen bewundert und bestaunt. Einige Jahre später wurde es Mode den Anfangsbuchstaben des Vornamens als Brosche zu tragen und ich sägte aus Kupfer und Messing-Restmaterialien alle möglichen Buchstaben aus.  Durch den perfekten Hochglanz der Oberfläche fanden meine Buchstaben reißenden Absatz und ich nutzte den Modetrend aus bis Buchstabenbroschen nicht mehr "in" waren.

    1972 begann ich zu studieren und 190 Mark monatliches Stipendium reichten nicht sehr weit . Damals waren geflochtene Blumen-Broschen und Halsschmuck aus Kupferdraht der Renner und ich besorgte mir bei  Eelektrikern Abfallstücke und begann Draht auf einem sogenannten Faulenzer zu biegen. Ein "Faulenzer" ist ein ca. 10x10x2cm Brettchen in dem sich ca. 100 2mm Bohrungen befinden. Steckt man in das Brett Nägel nach einem bestimmten System, so kann man schnell und unkompliziert die tollsten Muster wickeln. Meine "Konkurrenz" das waren ebenfalls solche "Schmuckbastler" wie ich, wickelten eine Brosche in einer halben Stunde mit einer Rundzange. Mit meinem "Faulenzer" wickelte ich 20 Broschen gleichmäßiger exakter in einer Stunde. (Diesen Trick und viele andere Schmucktechniken lernte ich von einem alten Schmuckmeister aus Jablonez/Gablonz, den es nach dem Krieg nach Sachsen verschlagen hatte und hier keine Gelegenheit mehr fand, seinen ursprünglichen Beruf auszuüben) Ich wurde sein gelehriger Schüler. Eine Brosche verkaufte ich für 5 Mark und hatte so einen ganz schön interessanten Stundenlohn erzeugt, welche mir das Studieren pekuniär gesehen angenehmer gestaltete.

    Das Draht-Material für größere Mengen  Schmuck fand ich auf manchem Schrottplatz und langsam bekam ich auch ein Auge für weitere Abfälle und Rester, welche sich zu Schmuck verarbeiten ließen. Ich hatte damals noch keine ökologischen Ambitionen, sondern schlicht und einfach die üblichen DDR-Beschaffungsprobleme und dazu die einfache ökonomische Erkenntnis, Abfall kostet nichts.

    Wichtig war mir, daß mein Schmuck nicht nach Abfallverarbeitung und Mülldesign aussah, was bei den kleinen Teilen relativ einfach war, wenn die Verarbeitung professionell organisiert wurde. Vom Design her lehnte ich mich an Bauhaustraditionen an und einfache geometrische Grafiken und Formen sind bis heute mein Gestaltungsprinzip.

    Im Laufe der Jahre kamen weitere Erfahrungen und Tricks aus meiner Berufstätigkeit als Lehrausbilder in der Metallindustrie hinzu und Rester zu Schmuck zu verarbeiten wurde fast ein Fable für mich. 1974 hatte wurde ich Klassenleiter einer Dreherklasse im ersten Lehrjahr in Buna/Schkopau und hatte über die Hälfte Mädchen in meiner Klasse, welche zu diesem Beruf belatschert wurden, weil sie aus verschiedenen Gründen keine andere Lehrstelle erhalten hatten. Mit entsprechender Begeisterung saßen diese Mädels dann vor mir in der Dreherwerkstatt und bekamen ganz große Augen, als ich ihnen erzählte, jetzt wird erst einmal aus Schrott Schmuck gemacht, damit sie beim nächsten Schwof ganz toll aussehen. Es dauerte wenige Tage und nicht wenige machten Überstunden um sich von unten bis oben mit Ringen, Broschen, und Anhängern zu behängen. Am Wochenende waren besonders die Edelstahl-Abfallkisten wie leergefegt und ich hatte mit dieser einfachen Methode einige meiner Mädels für einen metallverarbeitendem Beruf bestens motiviert.

    Einige Jahre später arbeitete ich als Berufsberater in Thüringen und hatte dadurch die Möglichkeit in viele Betriebe meine Nase zu stecken. Selbstverständlich auch in die entsprechenden Schrotthaufen, welche es ja überall gab. Für ein nettes Wort oder eine Schachtel Zigaretten ergab sich immer mal die Möglichkeit meinen kleinen stabilen Koffer mit allen möglichen und unmöglichen Schrotteilen zu füllen. Da und dort stand auch mal eine alte kaputte Maschine herum, welche ich in meinen PKW brockenweise nach Hause fuhr und restaurierte. Eine 70 Tonnen Handspindelpresse von um 1900 drückt heute noch genau so 70 Tonnen. Eine alte Schlagschere der 30er Jahre ist mit einem neuen Messer wieder wie neu.
    Mit einem alten Poliermotor von einem Zahntechniker kann man nicht nur Gebißteile polieren, sondern auch Schmuck. Eine alte Uhrmacherdrehmaschine kann nicht nur Uhrenteile drehen, sondern auch Schmuckteile. In 20 Minuten kann man aus einigen Streifen Schmirgelpapier ein bissel Leim und einigen Holzabfällen sich einen kompletten Feilensatz basteln, der feinere Flächen erzeugt, als die beste Feile. Auch alte oder gar historische Werkzeuge vom Trödelmarkt können noch prima ihren Zweck erfüllen und manchmal sind diese alten Werkzeuge sogar besser und funktioneller als heutige Werkzeuge. Aber auch mit einer modernen Punktschweißmaschine rücke ich meinem Lieblingsmaterial Edelstahl zu leibe und habe schon manchen gestandenen Goldschmied rätselnd vor meinen "Exponaten" stehen gesehen mit der Farge im Kopf "....wie hat der das wohl gemacht?"

    Als ich 1987 zu "DDR-Zeiten" einen Gewerbeantrag stellte um freiberuflich als Schmuckgestalter zu arbeiten, bekam ich erst mal einen ablehnenden Bescheid mit dem Hinweis, daß ich keinen sogenannten "Bilanzanteil" an benötigtem Material bekommen könnte. Es gäbe kein Material. Mein Antwortschreiben enthielt den Hinweis, daß ich die Broschennadeln aus feinsten Edelstahldraht aus dem Nadelwerk Ichtershausen bekommen könnte...da steht ´ne Tonne krumme Nadeln (Rouladennadeln) auf dem Betriebshof. Rondenschnittabfälle bekäme ich von einer Waschmaschinenfirma aus Schwarzenberg und Edelstahlreste aller Abmessungen von einer Besteckfabrik. Maschinen benötige ich auch nicht...die hätte ich alle schon. Mit diesem durch und durch Resycling-Konzept erhielt ich dann 1988 die Gewerbegenehmigung. 

    Im Januar 1990 auf der Obart in Paris, wo ich  meinen Schmuck ausstellte, bildeten sich Käufertrauben an meinen Stand und ein Kollege aus Österreich, welcher neben mir seinen Stand mit Goldschmuck hatte, wurde regelrecht eifersüchtig und äußerte die Meinung, daß es eine Schande wäre, so billiges Material wie Edelstahl mit einem perfektem Hochglanz, Mattierungen und aufwendiger Grafik zu versehen. Inzwischen gibt es Edelstahlschmuck bei jedem besseren Juwelier und wenn es perfekt verarbeitet ist, ist es genau so teuer wie Gold. Wenn ich dem erzählt hätte, daß mein Schmuck auch noch aus Schrott gefertigt war, hätte der sicher einen Nervenzusammenbruch bekommen. Für einen Satz bin ich ihm heute noch dankbar. "Mach eine Null an deine Preise!"

    Mein Schmuck ist nicht ganz so teuer wie Gold, aber weil in jedem Stück eine schöne Portion Entwicklungszeit, Arbeit und Erfahrung drinsteckt, ist er halt auch ein bissel teurer als Mode-Serienschmuck aus dem Kaufhaus, der irgendwo auf der Welt aus einem Automaten gepurzelt kommt. Jedes Stück ist ein Unikat und Serien ergeben sich höchstens aus einheitlichen Außenformen meiner "Kollektionen".
     
     

    03.10.1999

    richard hebstreit 
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