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Dresche! (Peter  + Hebi)
(Salzunger Unterwelten III ;-))

Peter F. war ein Freund, der mich zu allen möglichen Streichen anstiftete, wenn ich mal keine Idee hatte, ihm zu einem Streich anzustiften. Als nun Kumpel für Kumpel wegen penetrantem Misserfolg aus der ruhmarmen Schatzsucherbande absprangen, hielt Peter immer noch an der Schatzsucheridee wie ich fest. Wir wollten es wissen und buddelten weiter. Peters Mutti arbeitete als Kartenverkäuferin  in den Parklichtspielen am Goethepark. Wir hatten manchmal kein Geld und der Film "Alarm an der Grenze" oder "Schüsse an der Grenze" mussten wir komme es was wolle, noch einmal sehen. Peters Mutti war streng und rückte keine Kinokarten heraus, obwohl sie es konnte. Peter wusste aber wie man in den Heizungskeller des Kinos mit einem nachgefeilten Schlüssel kam. . Der war hinter der Leinwand an der Ostwand und der Heizer war gleichzeitig der Filmvorführer. Ehe der Film begann, musste der zwei drei Schaufeln Koks in den Kessel schmeißen. Da manchmal, wenn es extrem kalt war, auch ein Heizer vorhanden war, der alle halbe Stunde Koks in die Heizung schmiss, gab es vom Heizungskeller zum Leinwandraum ein Spiegelsystem mit dem der Heizer Kino kucken konnte um den Job abwechslungsreicher zu gestalten. Oder um die Filmwarnung zu sehen, um eine neue Rolle in den zweiten Kinoprojektionsapparat einzulegen. War kein Heizer da, kuckten wir zwar seitenverkehrt mit dem Spiegelsystem jeden nur möglichen Film mit. Und natürlich auch Filme, welche für Erwachsene ab 18 Jahre gedacht waren. Und so staunten zwei 10 jährige Jungen nicht schlecht, als sie in dem englischen Film "Ein Hauch Glücksegikeit" wahrnahmen, das es zu zweit mit einer Frau im Bett gemütlicher als im Heizungskeller war. Doch auch diese weisen Erkenntnisse hinderten uns nicht im Salzunger Untergrund weiter zu buddeln. Momentan hatten wir noch andere Interessen....als die blöde Liebe und die Betten mit den doofen Mädchen zu teilen.

Eine extraordinäre Aktion war für uns da mehr der geheimnisvolle Weinberg von Bad Salzungen. Im alten Salzungen vom Mittelalter bis zum Biedermeier um 1820 gab es Wein in Hülle und Fülle. Dann kam die Reblaus und aus war es mit dem Segen mit dem feinen Rebengesöff. Die alten Salzunger brauten danach lieber verstärkt in der Braugasse Bier und vergassen ihre alten Weinkeller am und im Weinberg auf der anderen Seite der Werra am Mühlberg. Mancher Weinkeller wurde ein Rüben- oder Winterkartoffellager, einige stürzten ein, weil keine Wasssereinbrüche mehr repariert wurden und andere wurden einfach zu geschüttet. Wir vermuteten in den alten langen finsteren Kellern, welche zum Teil ganz massiv mit Sandsteinquadern gemauert waren diesen oder jenem Schatz. Und den wollten wir haben. 

Mit den Erfahrungen unserer vergangenen Grabungsaktionen waren wir schon richtige kleine Experten und Spezialisten geworden. Wo aprupt im Gelände am Hang ein verwachsener Weg unerklärlicherweise zu Ende war, vermuteten wir einen Kellereingang. Und manchmal hinter Schutthaufen und Dornenhecken blitzten im Gras die Schlusssteine der Gewölbe auf. Wir wussten inzwischen was Schlusssteine bedeuteten. Hier gab es Gänge, Keller, Gewölbe Tunnel! Ratz butz hackten wir kennerhaft in die richtigen Stellen und immer öfter duftete es nach muffigen feuchten Hohlräumen. Wir rochen die Dinger schon nach kurzer Zeit. Zumeisst waren es verlassene Grundstücke, wo uns niemand beim buddeln störte. Und die Spannung stieg von Keller zu Keller.Von Gewölbe zu Gewölbe. Hier irgendwo müssen doch die versteckten Silber- und Goldschätze der alten Salzunger sein. Inzwischen hatten wir schon mal diesen und jenen Maria-Theresia-Taler von einem Salzunger Opa in der Hand gehabt. Kannten die Batzen und Gulden aus dem Eisenacher und Meininger Museum. Wir hätten uns auch mit einer kiloschweren Kiste Scheidepfennige aus dem Mittelalter zufrieden gegeben. Nix war´s. Kein Gold, kein Silber!

Wir fanden nur alte leere seltsame bodenbäuchige Flaschen, vergammelte Weinpressenteile, Korkpressen, abgebrannte Kerzenstumpfe und wurmzerfressene Holzbutten. Kein Schatz, keine Kisten, keine Truhen mit schweren geheimnisvillen Schlössern. Müll und Tand und alte Gartenhacken. Mistforken, Spatenstiele und alte Waschwannen.

Und doch................ eines Tages im Spätsommer 1957 an einem späten Nachmittag wurden wir fündig. Ungefähr 300 Meter in gleicher Höhe wie das alte Ausflugslokal Luttersch Hein in Richtung Frankenstein purzelten wir nach wenigen Schlägen auf einen Schlusstein fast in ein Gewölbe. Wir sind nach Hause gesaust und haben die alte Grabungsausrüstung Lampen, Seile, Messer, Schaufeln, Pickel schnell zusammengekramt. Inzwischen war es schon fast dunkel und wir kraxelten gesichert mit einem Seil, damit wir aus dem Gewölbe wieder haraus krabbeln konnten in die Tiefe. Und es ging ganz schön tief. Wir landeten in einem Gang, der schnurgerade so fünf bis sechs Meter in den Berg führte. Im Gang, der ohne jeden Müll wie kurz vorher gefegt schien, steckten in den Wänden alte Kinspan- und Fackelhalter und die Decke des Ganges war rußgeschwärtzt. Wahnsinn - wie in einem alten Mantel und Degen Film. "Der Graf von Monte Christo" wurde kürzlich im Heizungskeller de  Kinos gesehen. Und der Gang ging um neunzig Grad gewinkelt in den Berg weiter. Alles war säuberlich mit fetten Sandsteinquadern vermauert. Als wir um die Ecke mit ganz schön Furcht und Spannung blicken, sehen wir eine Holztüre aus grob behauenen Brettern mit einer Z -Versteifung.

Die Türe geht nach wenigem Rütteln auf und wir beide, Peter und ich stehen in einem Keller, der bis unter der Decke vollgestopft, vollgestapelt  mit Kisten und Kästen ist. Zwar nicht aus dem Mittelalter, aber aus dem vorigen Jahrhundert stammte eine Kunst- Kuriosa- und Mineralien Sammlung. Auch einige Kistchen und Mappen mit Münzen. Schmetterlingskästen, Briefmarken, alte Taschenuhren und feine Damenarmbanuhren. Wir stopften uns unsere Taschen und einen gefundenen Sack mit bis zum Hals schlagenden Herzen voll. 

Mit Hängen und Würgen sind wir in aller Aufregung aus dem Schatzkeller geklettert. Ab nach Hause und in die Betten. Am anderen Tag nehmen wir in der Schule das Gerede der Lehrer nur als Schall und Rauch auf. In den Pausen wurde über den Fund, den wir reliktweise in die Schule schleppten, erst einmal auf dem Klo konsptrativ diskutiert. Das ist unser Schatz! - Niemand, auch den anderen Freunden werden wir davon nichts und niemals sofort berichten. Uns alleine gebührt der Ruhm....die erfolgreichsten Schatzsucher von Bad Salzungen, welche inzwischen als die größten Spinner prädikatisiert waren....haben es geschafft!

Wir werden reich und brühmt! Oder berühmt und reich. Oder nur reich...das ist besser....niemand braucht davon zu wissen......oder doch....wen können wir das nur erzählen?
 

Die Pointe ist jetzt schnell erzählt. Am anderen Tag, als wir wieder mit frischen Taschenlampenbatterien in den Schatzkeller stiegen, um den Schatz weiter zu bergen, wurden wir vom Tischler Schwab mit einem ordentlichen Knüppel empfangen. Damit verdrosch uns Tischler Schwab nach allen Regeln der Kunst, weil wir ungefragt in den Keller seines Wochenendhauses eingebrochen sind, um die Sammlung seines verehrten Großvaters zu plündern. Anschließend fesselte mich Schwab mit einer Wäscheleine und lieferte mich bei der Deutschen Volkspolizei ab. Mein Kumpel Peter F. konnte im Durcheinander türmen. Schwab hatte nunmal nur zwei Hände um die beiden "Schatzgräber" gleichzeitig dingfest zu machen.

Mein Vater, Uffläder III musste mich bei der Polizei abholen und verdrosch mich danach zu Hause ohne Knüppel noch einmal, weil ich den Namen meines Komplizen bei der deutschen Volkspolizei nicht verraten hatte und nun die ganze Schande allein auf mich und viel schlimmer noch auf meinen Vater fiel, der in der Stadt bisher ein geachteter Mann war. Zudem war Schwab, was ich nicht wusste, ein Skat - Kumpel meines Vaters. Nie wieder hat dann mein Vater die Stammkneipe vom Schwab mehr betreten um einen Skat zu dreschen. In der Schule muss ich beim Direktor am anderen Tag antanzen und erhalte als Lohn für meine "Schatzsuche" einen schriftlichen Verweis! Ich wäre ein mieser Dieb und ganz übler Gangster und im Zeugnis dieser Klasse stand dann: "Richard ist ein sehr schwieriger Schüler. Er ist oftmals undiszipliniert und kam mit den sozialistischen Gesetzen in Konflikt."

Als ich das nächste mal ernsthaft mit den sozialistischen Gesetzen in Konflikt komme, vergehen viele Jahre. Ich fuhr mit meinem Moped, welches mir Uffläder II schenkte verkehrt herum in eine Einbahnstraße, in der der ABV gerade in seine Schuhe ein neues Schleifchen band.

Peter F., der damals nicht erwischt wurde, hatte inzwischen wegen aller möglichen Delikte die ersten Monate Untermaßfeld hinter sich. Falls jemand mit dem Begriff Untermaßfeld nichts anfangen kann. Untermaßfeld ist ein altes Schloß der Meininger Herzöge  und hat feste und dicke Sandsteinmauern, aus welchen man auch mit Seilen und Pickeln kaum komt, weil auf seinen Zinnen dicke Stacheldrahtrollen liegen. Untermaßfeld ist heute noch ein beliebter Thüringer Knast! 

Ich wurde danach gesetzestreu. Nur ein Jahr später gab es noch eine Schatzsuche ganz alleine. Und da landete ich bei den Genossen des Ministeriums für Staatssicherheit wegen einer Maschinenpistole im Ziegenstall....aber das ist eine total andere Geschichte.....
 

. richard hebstreit 
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