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Loberstedts
Frauen
Loberstedt hatte was Tolles zu Hause. Das Tolle zu Hause bei Loberstedt war seine Frau. Frau Loberstedt. "Mein Gott, war die schön, meine Fresse, sah die scharf aus", dachte ich, als ich 14 Jahre alt war und einen Rasierapparat nur von der Ansicht des väterlichen Gerätes her kannte. Mein Freund Haase hatte mir gerade beigebracht, was man mit seinem Ding in der Hose anfangen konnte, um bisher ungeahnte Gefühle zu erzeugen. Irgendwelche Wichsvorlagen, wie Bilder nackter Frauen oder Aktfotografien gab es kaum in der finstersten DDR-Zeit, und so dachte ich bei derartigen Verrichtungen an Frau Loberstedt und stellte mir vor, was ich mit Frau Loberstedt mache, wenn ich mal groß bin. "So eine Frau wie Frau Loberstedt möchte
ich auch mal haben", sinnierte ich, wenn ich mich mit mir beschäftigte
und besonders dachte ich daran, wenn mir Frau Loberstedt über den
Weg lief. Da Frau Loberstedt zwei Querstraßen weiter in der kleinen
Stadt wohnte, sah ich sie oft. Wenn ich von der Schule kam oder in der
Gegend herum streunte. Oft stand ich im Konsum hinter ihr und bewunderte
ihren knackigen Po.
Frau Loberstedt, Ende Zwanzig und einen
halben Kopf größer als ihr Mann, der wie eine kleine graue Feldmaus
neben ihr wirkte, hatte ein hübsches Gesicht wie eine unerreichbare
Schönheit aus der Illustrierten, einen sanften ruhigen aufrechten
Gang und trug ihre beeindruckenden Brüste in massiven Büstenhaltern
der damaligen Zeit. Mit ihren kirschroten Lippen, engen Pullis und dunklen
großen Augen war ihre Erscheinung in einer Sechzehntausend-Seelen-Stadt
einfach nicht zu übersehen, somit bemerkbar für alle, die so
etwas dankbar oder neidisch bemerken mußten.
Als ich endlich mit meinem Vater im Schlepptau aus der "Schönen Aussicht" nach Hause lief, war das Fenster von Loberstedts Haus immer noch offen und aus dem Zimmer, wo immer die Kopfkissen im Fensterbrett lagen, hörte mein Vater und ich nun abwechslungsweise mal Herrn Loberstedt röhren. Schnell zerrte mich mein Vater trotz seiner Bierseligkeit weiter. "Paß auf, daß die Frau, die du dir später einmal aussuchst, nicht zu hübsch ist!" sagte Vater. "Das bringt nur Unglück", fügte er hinzu. "Mutti ist doch auch hübsch" erwiderte ich. "Ja, natürlich, aber das ist was anderes", äußerte sich mein Vater abschließend. Als ich abends gegen Elf Uhr in mein Bett
stieg, wollte ich vorm Einschlafen eigentlich noch etwas schmökern,
mußte jedoch über das Gespräch mit meinem Vater nachdenken,
dachte aber dann nicht an meine hübsche Mutter, sondern wieder an
Frau Loberstedt.
Frau Loberstedt war für mich
der liebe Gott und die heilige Jungfrau in einer Person geworden und meine
lautlosen Stoßgebete sendete ich nicht zu dem weißhaarigen
älteren Herrn neben den Engeln an der Kirchturmdecke der Andreaskirche
und der pseudobarock-gipsernen Maria auf einem Nebenaltar. "Ach, Ri, Ri,
Riiiiiichaaaard, ach, ach, ach, aaaaaaaaach."
Zwei, drei Jahre später hatte Herr Loberstedt eine neue Frau. Diese war klein, nicht attraktiv, unbedeutend und in keinster Weise mit der wahrnehmbaren Schönheit seiner ersten Frau zu vergleichen. Dazu kam noch eine klitzekleine Behinderung, ein Bein etwas kürzer als das andere. Das erschien mir damals äußerst
rätselhaft und nicht minder geheimnisvoll.
© rhebs, 2002
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. | richard
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