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Gänsebraten
"Marina"
Fließendes Wasser und Duschen für
fast alle gibt es noch nicht sehr lange. So vor Hundert Jahren ging das
erst los. Vorher hat man sich kaum gewaschen und wenn dann mit einer Schüssel.
Dazu gab es noch einen Waschwasserkrug. Ein Relikt dieser Waschprozeduren
waren sogenannte Waschhocker. Ein kleiner Hocker, wo man den Sitz hochklappen
konnte und darunter befand sich eine rechteckige Emaillieschüssel
und manchmal auch eine Vorrichtung, wo sich die Seife, oft ein Stück
Kernseife befand. So ein Ding aus dem Anfang der fünfziger Jahre schleppen
Klaus und Jana Bölcke aus dem Haushalt der einen Oma mit in ihre neue
Wohnung in Halle Neustadt kurz vor Weihnachten 1969. Beide haben jung ein
Jahr vorher mit 18 geheiratet und von Gänsebraten braten absolut keine
Ahnung. Im Kinderzimmer kräht ein 2 Monate alter Säugling und
in der Küche liegt eine 3 Kilo Mastgans aus Polen.
Wie gesagt von Gänsebraten hatten beide keine Ahnung und ein Kochbuch hatten sie auch nicht. Also wurde mit der Gans auch 3 Würfel Marina Magarine im Konsum gekauft und die 3 Margarinewürfel landeten mit 2 Äpfeln und 10 Zwiebeln in der Emailleschüssel. Diese Kalorienbombe schoben sie dann am 25. Dezember fruh um 7 in die Bratröhre. Ich war mit meiner Frau von beiden zum Gänsebraten eingeladen. Wir waren gegen 12 Uhr pünktlich da und wickelten eine Flasche Wein aus dem Weihnachtspapier. In diesem Moment gab es in der Küche eine Explosion und vor uns auf dem Flur lag eine leichenblasse zerfetzte polnische Mastgans und eine schwarzbraunrandige Waschhockerschüssel. Das Nachfragen brachte die Ursache zu Tage. Klaus hatte irgendwo mal gehört, das Speisen, welche mit Alkohol übergossen wurden, besonders gut schmecken. Also hatte Klaus eine halbe Flasche 60 Prozentigen Deputatschnaps auf die Gans geschüttet. Der Alkohol war verdunstet und irgenwann beziehungsweise als wir den Wein auswickelten machte es Bummmmm! "Die schöne, schöne Margarine" sagte erschrocken Jana stolz. "Extra 3 Würfel Margarine" hätte sie zum Braten der Gans genommen "damit sie schön zart wird". Inzwischen war auch die Feuerwehr eingetroffen, welche besorgte Nachbarn fernmündlich bestellt hatten und lauschtem andächtig dem Rezept. "3 Würfel Margarine,2 Äpfeln und 10 Zwiebeln und eine halbe Flasche Kumpeltod". Die Feuerwehrleute hatten Tränen vor Lachen in den Augen. Inzwischen ist Jana in der Küche auf der Gänse-Margarine Schmiere ausgerutscht und hat sich den linken Arm gebrochen. Dem Roten Kreuz Sanitätern wurde dann das Rezept auch noch einmal erzählt. "3 Würfel Margarine,2 Äpfeln und 10 Zwiebeln und eine halbe Flasche Kumpeltod". Klaus ist mit Jana ins Krankenhaus gefahren und wir haben den Wein und das Baby mit nach Hause genommen und haben uns 2 Eier in die Pfanne gehauen. Ohne Äppel, ohne Zwiebeln ohne Margarine. Als wir die Spiegeleier verputzen, schrie das Baby wie am Spieß. Es war nichts passiert. Die Windeln vom Baby Marina waren voll. © rhebs 2001
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. | richard
hebstreit
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