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Zettelwirtschaft:
Wenn mir nix einfällt, grabe ich meine Zettel aus meinem Zettelbergwerk aus. Aus Schubläden, Hosentaschen, Taschen, txt - Datenbanken, abgelegte e-Mails, angefangene Tagebücher, olle Disketten, CD´s mit ollen Backups und manchmal auch aus finsteren Regionen meines kleinen Gehirns.

MOLCH-DOLCH

"Molch-Dolch" steht auf einen Zettel irgendwo aus den Tiefen meines Schreibtisches, den ich mal vor ein paar Jahren bei einem Möbelhändler in Bad Hersfeld erstanden hatte. Was hat Molch mit Dolch zu tun, warum habe ich das auf die Rückseite einer Kneipen-Quittung geschrieben?

Ich nehme den Zettel, gehe eine Etage höher in mein Schlafzimmer und lege mich aufs Bett zum Nachdenken. "Molch-Dolch, Molch-Dolch, Molch-Dolch" Im Schlafzimmerfernseher dudelt Vera am Mittag.
"Molch-Dolch, Molch-Dolch"....was war das nur gewesen?..... Ich klicke "Vera am Mittag" weg und konzentriere mich. 

Und nach wenigen Minuten ohne "Vera am Mittag" fällt es mir wieder ein. Was beweist "Vera am Mittag" blockiert das Gehirn, oder bestimmte Gehirnregionen. Es war vier Jahre nach der Wende. In Steinbach, einer kleinen Gemeinde in Thüringen, welche mal für die Herstellung von Messern aller Art berühmt war, kamen Aufkäufer aus Westdeutschland um die Reste der in Pleite gegangenen Betriebe auf zu kaufen. "Für den Zentner Messer gab es Fünf Mark oder auch nur Drei Mark Achtzig", sagte mir der Inhaber einer kleinen Messermanufaktur. 

In einer Kiste lagen Fleischermesser mit dicken schwarzen Griffen. "Pfusch, Ausschuß", sagt der Inhaber der ehemaligen Messermanufaktur. "Beim Imprägnieren der Holzteile hat sich das Holz versehentlich fast schwarz gefärbt - "Die kann ich wegschmeißen!" 

Ich drücke dem Meister 10 Mark in die Hand und wuchte die Kiste in meinen alten grünen Jetta. 
Zu Hause setze ich mich nach Zählen der Messer an den PC und mach eine schöne Zeichnung. 
Auf den Griff schreibe ich MOLCH-DOLCH. Diesen Zettel lege ich in die Kiste. Am gleichem Tag rufe ich den Aufkäufer an, die Adresse hatte ich mir von dem Manufakturmeister geben lassen.

"Ich habe eine Partie Molch-Dolche" sage ich, "das sind die Messer Thüringer Waldarbeiter, die sie traditionsgemäß mit sich führen. Es sind die letzten Dolche dieser Art, die es gibt!"

Vier Tage später steht ein dicker Restpostenaufkäufer bei mir auf der Matte. Er bietet 100 Mark für den "ganzen Ramsch", wie er sagt. Ich grinse da nur und verlange 7 Mark pro Molch-Dolch. "Es sind die letzten" argumentiere ich geheimnisvoll. Schließlich einigt er sich mit mir auf 6 Mark Fünfzig. 

Er schreibt einen Scheck aus über 1950,00 DM und trollt sich mit seiner Kiste Molch-Dolche. Ich bleibe zurück mit den ungetrübten Stolz, endlich einen Wessi auf Kreuz gelegt zu haben. Abends in meiner Stammkneipe gebe ich die Story zum besten und ernte Anerkennung, Freibier und Schulterklopfen. 
 

Ein Tag später, liefer ich den Scheck bei meiner Bank ein. Der Scheck war nicht gedeckt, stellt sich einige Tage später heraus. Als ich den Aufkäufer anrufe, knallt er den Hörer auf die Gabel, nachdem er mich an eine Kopie für den Lieferschein und die Rechnung erinnert. Die hatte er, ohne das ich es merkte, mitgenommen. Somit hatte ich nichts mehr in der Hand um meine Forderung einzutreiben.

Gegen die neue Spezies "Molch-Dolche" parierte der Aufkäufer mit Scheckformularen, hinter denen ein Konto mit Null Mark Guthaben stand.
 

Den Deutschen Brüdern sind wir eben noch nicht gewachsen. Da nützen auch keine frisch erfundenen Molch-Dolche. 

. richard hebstreit 
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